Die europäische Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken, kurz „ATAD“ nach der englischen Bezeichnung „Anti Tax Avoidance Directive” wurde 2016 veröffentlicht. Die Richtlinie greift einige Aktionspunkte auf, welche aus dem OECD BEPS Aktionsplan stammen. Im Allgemeinen sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, die ATAD bis zum 01. Jänner 2019 umzusetzen. Eine weitere Entwicklung ist die ATAD II, welche 2017 veröffentlicht wurde und Änderungen der Vorschriften in ATAD umfasst. Die meisten Maßnahmen der ATAD II müssen bis zum 01. Jänner 2020 umgesetzt werden.
Als die ATAD veröffentlicht wurde, galten in Österreich bereits Gesetzesnormen, die in der ATAD enthaltene Maßnahmen zum Gegenstand hatten. Deshalb mussten nicht alle Punkte von Grund auf neu umgesetzt werden, sondern es konnten manche nur adaptiert oder sogar beibehalten werden.
Zinsabzugsbeschränkung
Österreich führte im Jahr 2014 eine Zinsabzugsbeschränkung ein, welche bezugnehmend auf Artikel 11 der ATAD beibehalten wurde und nicht durch eine Bestimmung ersetzt wurde, die mit Artikel 4 der ATAD übereinstimmt. Unter der österreichischen Beschränkungsregel sind Zinsaufwendungen, die an verbundene Unternehmen bezahlt werden nur abzugsfähig, wenn die Zinseinkünfte bei der empfangenden Körperschaft einem Körperschaftssteuersatz von mindestens 10% unterliegen. Im Übrigen gelten diese Bestimmungen auch für konzerninterne Lizenzgebühren.
Es muss abgewartet werden, ob und wann Österreich diese Bestimmung ersetzen wird, um dem Regulierungsstandard des Artikel 4 der ATAD zu entsprechen.
Wegzugsbesteuerung
Österreich hat vor einigen Jahren Bestimmungen zur Wegzugsbesteuerung von Betriebsvermögen eingeführt. Diese blieben Großteils unverändert, aber es wurden manche fachlichen Kriterien angepasst und die Möglichkeit der Ratenzahlung von auf Anlagevermögen entfallende Steuern wurde in Übereinstimmung mit Artikel 5 der ATAD auf 5 Jahre reduziert.
Allgemeine Missbrauchsabwehr – GAAR (General Anti-Abuse Rule)
Österreich hatte seit langer Zeit Bestimmungen zur allgemeinen Missbrauchsabwehr im nationalen Steuerrecht. Da diese Bestimmungen den Maßnahmen in Artikel 6 der ATAD sehr ähnlich waren, wurde die bisherige Formulierung angepasst, damit sie dem Wortlaut und den Kriterien der ATAD entspricht. Es bleibt abzuwarten, wie signifikant die Auswirkung dieser Änderungen in der Praxis und der Rechtsprechung der für Steuern zuständigen Gerichte sein wird.
Hinzurechnungsbesteuerung – CFC (Controlled Foreign Company) Rule
Das österreichische nationale Steuerrecht beinhaltete vor Artikel 7 der ATAD keine Bestimmungen zur Hinzurechnungsbesteuerung. Es wurden also erstmalig Bestimmungen zur Hinzurechnungsbesteuerung in das österreichische Körperschaftsteuergesetz aufgenommen. Diese sind anwendbar auf Gewinne, die ab dem 01. Jänner 2019 realisiert werden. Österreich entschied Unternehmen, deren Passiveinkommen nicht mehr als ein Drittel Ihres steuerbaren Einkommens liegt, von der Anwendung der Bestimmungen betreffend Hinzurechnungsbesteuerung auszunehmen. Es gibt jedoch Bagatellgrenze für Unternehmen mit geringen Gewinnen. Die Hinzurechnungsbesteuerung kommt zur Anwendung, sofern die Besteuerung von Passiveinkommen unter 12,5% liegt. Daher könnte die Hinzurechnungsbesteuerung sogar auf Unternehmen in bestimmten anderen EU-Mitgliedsstaaten zur Anwendung kommen (z.B. Bulgarien, Zypern, Ungarn).
Hybride Gestaltungen
Österreich hatte bereits eine Bestimmung hinsichtlich der beschränkten Abzugsfähigkeit von Zins- und Lizenzaufwendungen, wenn diese beim Empfänger keiner Besteuerung von mindestens 10% unterlagen. Außerdem untersagt Österreich die Anwendung der Steuerbefreiung auf Dividenden, sofern die Dividendenzahlung bei der Tochtergesellschaft eine abzugsfähige Betriebsausgabe darstellt. Bis jetzt wurden diese Bestimmungen auf Basis des Artikel 9 der ATAD nicht verändert.