Größte europäische Mehrwertsteuerreform seit 1993 – Neuerungen bei Konsignationslagern, Reihengeschäften und innergemeinschaftlichen Lieferungen ab 1. 1. 2020.
Nach dem JStG 2018 – auch „Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ – lässt sich bereits auf 2019 vorausblicken: Die im Dezember 2018 auf EU-Ebene beschlossenen Vorschriften der Quick Fixes sind bis zum 1. 1. 2020 in nationales Recht umzusetzen.
Als Sofortmaßnahmen sollen sie den innergemeinschaftlichen Warenhandel bis zur Schaffung des endgültigen Mehrwertsteuersystems erleichtern. Ziel des endgültigen Systems wird es sein, das Bestimmungslandprinzip in der Form umzusetzen, dass anstelle der bisherigen Steuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen im Herkunftsland die Umsatzsteuer durch den leistenden Unternehmer in seinem Heimatland erklärt und zum Steuersatz des Bestimmungslands abgeführt wird. Das aktuell gültige System wird dann nur noch im Verhältnis zu Drittstaaten bestehen bleiben.
Aufgrund des dringlichen Vereinheitlichungsbedarfs, losgelöst vom restlichen Mehrwertsteuer-Aktionsplan, greifen nun die Quick Fixes ab 1. 1. 2020 in folgende Bereiche ein:
Konsignationslager
Ein Konsignationslager bezeichnet ein Warenlager eines Lieferanten oder Dienstleisters (sog. Konsignant), welches sich in der Nähe des Kunden bzw. Abnehmers (sog. Konsignatare) befindet, welcher die Ware direkt dem Lager entnehmen kann. Grundsätzlich wird nur zwischen zwei Grundtypen von Konsignationslagern unterschieden: Kann nur ein bestimmter Abnehmer die Waren aus dem Lager entnehmen, spricht man von einem sog. Call-off-Stock. Können mehrere Abnehmer Ware entnehmen, handelt es sich um einen sog. Consignment-Stock.
Im Falle der o.g. Call-off-Stocks konnten Unternehmer bereits bisher schon von der Rechtsprechung profitieren. Wenn der Abnehmer bereits bei Beginn der Beförderung oder Versendung feststeht und dieser verpflichtet ist, die Ware abzunehmen und die Ware nur kurzzeitig im Lager verbleibt, wird der Vorgang der Bestückung des Lagers als eine direkte innergemeinschaftliche Lieferung im Abgangsstaat bzw. innergemeinschaftlicher Erwerb vom inländischen Abnehmer betrachtet.
Neuerung durch Quick Fixes (Art. 17a MwStSystRL n.F.): Das Verbringen von Gegenständen seines Unternehmens durch den Steuerpflichtigen in einen anderen Mitgliedstaat im Rahmen einer Konsignationslagerregelung gilt nicht als Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt gleichgestellt, allerdings nur unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen.
Somit erfolgen die innergemeinschaftliche Lieferung und der innergemeinschaftliche Erwerb erst im Zeitpunkt der Warenentnahme aus dem Konsignationslager und die Erklärungspflicht des Lieferanten im Bestimmungsland wird hinfällig.
Innergemeinschaftliche Lieferungen
Die Registrierung des Steuerpflichtigen bzw. der nichtsteuerpflichtigen juristischen Person, für den bzw. die die Lieferung erfolgt, sowie die Mitteilung der gültigen Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer an den Lieferer wird nach Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL n. F. eine materielle Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung.
Bisher reichte entweder der Nachweis der Aufzeichnung der ausländischen USt-IdNr. des Abnehmers oder der Nachweis der Voraussetzungen der Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung (das Gelangen der Ware in einen anderen EU-Mitgliedstaat) für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung aus. Diese ist auch in der Zusammenfassenden Meldung anzugeben. Beim Verstoß gegen die Meldepflicht drohte bislang ein Bußgeld in Höhe von bis zu 5.000 €, eine Gefährdung der Steuerbefreiung hatte ein Verstoß gegen die Meldepflicht jedoch nicht zur Folge.
Durch die Änderung der MwStSystRL gilt nun die Steuerbefreiung nicht, „wenn der Lieferer der Verpflichtung zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung nach den Art. 262 und 263 nicht nachgekommen ist oder die ZM nicht die gem. Art. 264 erforderlichen Angaben zur Lieferung enthält, es sei denn, der Lieferer kann das Versäumnis zur Zufriedenheit der zuständigen Behörden ordnungsgemäß begründen.“
Als Belegnachweise für eine innergemeinschaftliche Lieferung werden von Art. 45a MwStVO n. F. mindestens zwei sich nicht widersprechende, von voneinander unabhängigen Parteien – wie Verkäufer und Erwerber – ausgestellte Nachweise gefordert. Hierzu zählen beispielsweise CMR-Frachtbriefe, Konnossements sowie eine Rechnung des Spediteurs.
Die Verschärfung der Regelungen für die Steuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen sowie die Einführung und Überarbeitung des betrieblichen Tax-Compliance-Management-Systems zwingen Unternehmen, in Zukunft qualifizierter die Abfrage der USt-IdNr. der Kunden vorzunehmen, die Zusammenfassende Meldungen zu verproben, sowie einen korrekten Rechnungsstellungsprozess einzuhalten.
Fazit
Die Quick Fixes sind als Sofortmaßnahmen noch vor der Einführung der endgültigen europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie zu begrüßen. Positiv hervorzuheben ist die neu gewonnene Rechtssicherheit bei der steuerlichen Behandlung von Konsignationslagern.
Unternehmer, welche Steuerbefreiungen für innergemeinschaftliche Lieferungen weiterhin beanspruchen wollen, treffen neue Nachweispflichten.
Es bleibt die Hoffnung, dass der geplante Übergang zum endgültigen Mehrwertsteuersystem dann die erhofften Erleichterungen für Unternehmer bringt.