Das Finanzministerium der Tschechischen Republik erließ am 22. April 2016 als Reaktion auf die europäische ATAD-Richtlinie ein Dokument, dessen Ziel es war, eine Diskussion über die Implementierung der einzelnen BEPS-Aktionspläne in die tschechische Gesetzgebung hervorzurufen. Nachstehend sind einige der konkreten Aktionspläne erwähnt, die bereits in der tschechischen Gesetzgebung durchgeführt wurden oder bald durchgeführt werden.
Aktionsplan 2: Neutralisierung der Effekte von hybriden Gestaltungen (doppelte Nichtbesteuerung)
Es gibt eine Reihe von Qualifikationskonflikten zwischen verschiedenen nationalen Steuerrechten, die zum steuerlichen Abzug ohne korrespondierenden steuerlichen Ertrag (doppelte Nichtbesteuerung) führen. Als ein Beispiel ist eine Zahlung zu nennen, die in einem Vertragsstaat als Zinsaufwand gilt, während sie in einem anderen Vertragsstaat steuerfrei als ausgezahlte Dividende gesehen wird.
Mit Wirkung vom 01.05.2016 wird in Tschechien die Regel angewandt, nach der die Muttergesellschaft die erhaltenen Dividenden nicht steuerfrei behandeln darf, wenn diese bei der Tochtergesellschaft deren Steuergrundlage senken können. In Folge der vorgeschlagenen Novelle wird diese beschränkende Befreiungsbedingung auch die Veräußerung des Anteils in der Tochtergesellschaft betreffen.
Aktionsplan 3: Einführung von effektiven Hinzurechnungsbesteuerungsregelungen (CFC-Regeln)
Die CFC-Regeln legen fest, dass Gewinne der beherrschten Tochtergesellschaft mit dem Sitz in dem Land mit einer niedrigeren Besteuerung bei der Tochtergesellschaft besteuern werden können, als ob es sich um Gewinne dieser Muttergesellschaft handeln würde. Das Limit für die Anwendung dieser Regeln ist ein 50%-iger Anteil an der Tochtergesellschaft.
In Tschechien sind die von der Muttergesellschaft erhaltenen Einnahmen aus Dividenden und Einnahmen aus der Anteilsübertragung steuerfrei, falls die Tochtergesellschaft:
· in einem Staat außerhalb der EU ansässig ist, mit dem kein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen wurde,
· der Körperschaftssteuer unterliegt, deren Satz niedriger als 12 % ist.
Für die Anwendung dieser Beschränkung genügt es, dass die Muttergesellschaft einen 10%-igen Anteil an der Tochtergesellschaft hält.
Aktionsplan 4: Zinsschrankenregelungen
Nach den inländischen Vorschriften der meisten europäischen Staaten sind die Zinsaufwendungen nur dann abzugsfähig, wenn die Zinsen dem verbundenen Unternehmen gezahlt werden, wobei das Limit der Einschränkung im Hinblick auf das Verhältnis zwischen der Schuld und dem Eigenkapital festgelegt ist. In Tschechien ist das Limit mit dem Verhältnis 4 :1 festgelegt.
Die von OECD vorgeschlagene Regel würde auch die an nicht verbundene Unternehmen gezahlten Zinsen betreffen. Hinsichtlich der Höhe der Zinsschranke wird eine Bandbreite von 10-30% des EBITDA empfohlen. Die neue Regel würde somit eine größere Anzahl von Unternehmen betreffen, auf deren Erfüllung hätte nicht nur die Höhe der Schuld einen Einfluss, sondern auch die Zinssatzänderungen.
In der Zeit des Wirtschaftswachstums, in der sich jetzt die Tschechische Republik befindet, ist es fraglich, welchen Einfluss diese Regel auf die Bereitschaft der Unternehmen hätte in neue Projekte zu investieren.
Aktionsplan 5: Effektivere Verhinderung der schädlichen Steuerpraktiken
Zwecks der Verhinderung des schädlichen Effekts der einseitigen verbindlichen Beurteilungen von Verrechnungspreisen wurden ins Gesetz über die internationale Zusammenarbeit Regelungen bezüglich des automatischen Austausches der vorläufigen Steuerentscheidungen und Beurteilungen von Verrechnungspreisen aufgenommen.
Aktionsplan 8-10: Anpassung der Verrechnungspreise der ökonomischen Aktivität
Die Tschechische Republik hat den wesentlichen Fremdvergleichsgrundsatz im Einkommensteuergesetz verankert und legt die grundlegenden Standards bezüglich der Verrechnungspreise durch Anweisungen der Finanzbehörden aus.
Mit Wirkung vom 01. 01. 2015 (zum ersten Mal für das Jahr 2014) ist samt der Steuererklärung auch die Anlage zu Transaktionen unter verbundenen Unternehmen auszufüllen. Die aus dieser Anlage erhaltenen Angaben verwendet die tschechische Steuerverwaltung bei der Auswahl der Risikosubjekte für Betriebsprüfungen. Eines der Risikokriterien ist die Höhe der außerhalb der EU-Staaten gezahlten Lizenzgebühren.
Die Tschechische Republik verfügt im Moment in ihren Steuervorschriften über keine Regelung, die Verlagerungen von Aktiva wie geistiges Eigentum oder Patente in Länder mit einer günstigeren Steuerbehandlung verbieten würde. Aus Vertragsherstellern oder Lohnfertigern sind in den letzten Jahren in Tschechien vollwertige Hersteller geworden, die beginnen in Wissenschaft und Forschung zu investieren.
Es ist eine Frage, ob die Exit Tax auch bei der Veränderung des Funktionsprofils nicht anzuwenden wäre, wenn in die Länder mit einem niedrigeren Steuersatz Fertigungskettenteile von Routinecharakter verlagert werden. Die Motivation für so eine Verlagerung muss nicht der niedrigere Steuersatz sein, sondern das Bestreben Fertigungskosten wegen einer günstigeren Arbeitskraft zu sparen. Die Problematik der Verlagerung von wertvollen Aktiva und deren Besteuerung im Ausland kann infolge der steigenden Löhne und Gehälter sowie des Mangels an Arbeitskräften in Tschechien bald aktuell werden.
Im Rahmen der Betriebsprüfungen wird immer häufiger die allgemeine Regel angewandt, dass der Inhalt vor der Form Vorrang hat, die in der Steuerordnung verankert ist. Die Transaktionen unter verbundenen Unternehmen werden eher bezüglich der tatsächlich ausgeübten ökonomischen Aktivitäten geprüft als bezüglich der Vertragsregelungen zwischen den Beteiligten an der Transaktion.
Aktionsplan 13: Country-by-country reporting
Die Implementierung der DAC4-Richtlinie wird durch die Novelle des Gesetzes über die internationale Zusammenarbeit bei der Steuer- und Abgabenverwaltung erfolgen, deren Inkrafttreten ab 5. Juli 2017 geplant ist.
Der Pflicht, der Steuerbehörde einen Bericht je nach den Ländern einzureichen, werden übernationale Gruppen mit einem Jahreskonzernumsatz über 750 Mio. EUR unterliegen, und zwar zum ersten Mal für den Buchungszeitraum beginnend ab 01.01.2016. Die Frist für die Berichterstattung wird 12 Monate nach dem Ende des ausgewiesenen Buchungszeitraumes betragen.
Die Pflicht den Bericht zu erstatten hat:
· die oberste Muttergesellschaft,
· die vertretende Mitgliedsgesellschaft,
· die tschechische Mitgliedsgesellschaft und zwar nur im Falle des veröffentlichen Systemversagens des automatischen Informationsaustausches.
Der Bericht wird auf einem standardisierten Vordruck erstattet, der aus 3 Teilen bestehen und Folgendes beinhalten wird:
· Gesamtinformationen über die Gruppe im Hinblick auf jeden Staat
o Erträge
o Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag
o Entrichtete Steuer
o Fällige Steuer
o Grund-/Stammkapital
o Kumuliertes Ergebnis
o Mitarbeiterzahl
o Wert von Aktiva
· Informationen über Mitgliedsgesellschaften und von ihnen ausgeübten Tätigkeiten
· Spezifizierung der Angabenquelle
Für die Verletzung der Pflicht den Bericht zu erstatten kann der tschechischen obersten Muttergesellschaft eine Strafe bis zu 3.000.000,- CZK auferlegt werden.
Die von Mitgliedsgesellschaften erstatteten Berichte werden Gegenstand des automatischen Informationenaustausches.
Aktionsplan 14: Effektivere Wirksamkeit von Instrumenten zur Streitvermeidung und Streitschlichtung
In 2015 wurden insgesamt 20 abkommensbezogene (nach Doppelbesteuerungsabkommen oder Schiedsverfahrensabkommen) Konflikte bearbeitet. Bisher wurde keine der bearbeiteten Streitigkeiten der Beratungskommission vorgelegt.
Zum 24.08.2016 hatte Tschechien 86 abgeschlossene gültige Doppelbesteuerungsabkommen und passt die bisherigen Abkommen so an, dass die neuen Anforderungen erfüllt werden. Jedoch keines der bisherigen Abkommen beinhaltet den Artikel 25 Abs. 5 über das Schiedsverfahren, das eine Verständigungserzielung und die Doppelbesteuerungsvermeidung im Falle der Änderung der Verrechnungspreise garantieren würde. Tschechien wird die Erfahrungen mit dem Schiedsverfahren verfolgen, rechnet jedoch nicht mit einer sofortigen Einführung.