Die Tschechische Republik verabschiedete nach langen politischen Debatten im April 2016 das Gesetz über die elektronische Erfassung von Umsätzen (EET). Die Finanzverwaltung wird sofort über alle Bargeldtransaktionen von Firmen informiert. Wird damit tatsächlich das Risiko eines möglichen Informationsmissbrauchs in Erwartung einer gerechten Steuererhebung reduziert? Handelt es sich dabei um einen weiteren Schritt zur Erfüllung von Orwells Vision?
Die elektronische Erfassung von Umsätzen betrifft körperschafts- und einkommensteuerpflichtige Unternehmer (juristische und natürliche Personen) und Gewerbetreibende, die für Waren undDienstleistungen Barzahlungen, Zahlungskarten, Wechsel oder ähnliche Mittel wie Gutscheine, Essens- oder Spielmarken usw. entgegennehmen.
Von der Pflicht der elektronischen Umsatzerfassung wurden Kommunen (Gemeinden und Bezirke), die Tschechische Nationalbank und die Tschechische Post ausgenommen. Weitere bedeutende Sparten, die bereits einer starken Aufsicht unterliegen, wie Geldinstitute, Versicherungsgesellschaften oder Energieunternehmen, sind ebenfalls ausgenommen. Eine zusätzliche Ausnahme stellen Umsätze für Fahrgeld und Umsätze, die im Zusammenhang mit den direkt in öffentlichen (Nah)verkehr vorgenommenen Zahlungen stehen, sowie sonstige direkt im Gesetz genannte Ausnahmen dar.
Wie funktioniert das System?
Es wurde das System der elektronischen Kommunikation per Internet zwischen dem Steuerpflichtigen und der Steuerbehörde gewählt. Der Steuerpflichtige kann für die elektronische Erfassung seiner Umsätze eine Anlage je nach Art seiner Geschäftstätigkeit wählen (z.B. Kasse, Kassensystem, Tablet oder Mobiltelefon mit Drucker). Das Gesetz schreibt den Steuerpflichtigen z. B. den Einsatz von Registrierungskassen, d.h. speziellen Zertifizierungsanlagen, nicht vor.
Die Erfassung von Umsätzen erfolgt in der sofortigen elektronischen Anmeldung der Bargeldtransaktion an die Steuerbehörde im XML-Format. Als Reaktion auf diese elektronische Nachricht sendet die Steuerbehörde dem Unternehmer umgehend einen Identifikationscode, den der Unternehmer auf die Quittung für den Kunden ausdruckt. Die Quittung (Druckform oder elektronische Form) mit diesem unikalen Code dient dann zur Folgekontrolle, dass die Zahlung der Steuerbehörde tatsächlich gemeldet wurde. Dieses Verfahren gilt als „Standardverfahren“.
Neben diesem Standardverfahren wird in streng genannten Fällen auch das „vereinfachte Verfahren“ der Erfassung von Umsätzen ermöglicht. Bei diesem vereinfachten Verfahren braucht der Unternehmer der Steuerbehörde die Datennachricht zum Zeitpunkt des Zahlungserhalts nicht zu senden. Er ist verpflichtet die Daten nachträglich innerhalb von 5 Tagen nach dem Erhalt der Zahlung abzusenden. Der Unternehmer erwirbt keinen Fiskalidentifikationscode und braucht diesen auch auf der Quittung für den Kunden nicht anzugeben.
Termine der Erfassungseinführung
Die Einführung ist in folgenden Etappen geplant:
- 1. Phase – ab 1. Dezember 2016 – Hotel- und Gaststättengewerbe (z. B. auch gelegentliche Imbissverkäufer),
- 2. Phase – ab 1. März 2017 – Einzelhandel (z.B. Obstverkauf an Straßen) und Großhandel,
- 3. Phase – ab 1. März 2018 – sonstige Tätigkeiten mit Ausnahme in der Phase 4. genannten, z.B. Freiberufler, Transport, Landwirtschaft,
- 4. Phase – ab 1. Juni 2018 – ausgewählte Handwerkerberufe und Produktionstätigkeiten.
Der Erfolg zur Einführung der Umsatzerfassung hängt im Wesentlichen vom Verhalten der Kunden ab, die von Unternehmern Quittungen verlangen werden. Um das Interesse der Kunden an Kaufquittungen zu erhöhen, beinhaltet das Gesetz die Möglichkeit zur Teilnahme an einer Verlosung, der „Quittungslotterie“. Die konkrete Form der Lotterie wird noch vom Betreiber bestimmt.
Vorteil oder Nachteil?
Die Regierung verspricht sich von der elektronischen Umsatzerfassung die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen und ein gerechteres Unternehmerumfeld in Tschechien. Sie geht davon aus, dass dank ihr die Eintreibung von Umsatzsteuer, Unternehmenssteuern sowie Sozialversicherungsbeiträgen noch dieses Jahr um eine halbe Milliarde tschechische Kronen erhöht wird. Für 2017 sollte es der Staatskasse 15,7 Milliarden tschechische Kronen einbringen.
Die rechte Opposition, die einer Einführung der elektronischen Erfassung nicht zustimmt, wendet ein, dass dadurch Gewerbetreibende und kleine Unternehmer ruiniert werden. Daher plant sie im Mai eine Verfassungsbeschwerde gegen die Parlamentstagung einzulegen, in der die Regierung das Gesetz über die elektronische Erfassung von Umsätzen durchgesetzt hat.
Nach der Einführung einer Sonderanlage zur Körperschaftssteuererklärung und der Ust-Kontrollmeldung kommt somit ein nächstes Prüf- und Regelungsinstrument für die tschechischen Unternehmer. Die ersten Monate nach der Einführung werden zeigen, ob die Bedingungen für die Unternehmen bei uns dadurch gleichgestellt wurden oder es zur weiteren bürokratischen Last wurde.