In den letzten zwei Jahren ist auf europäischer Ebene der Austritt Großbritanniens (nachstehend „GB“) aus der EU ein sehr aktuelles Thema. Wenn GB die Austrittsvereinbarung nicht verabschiedet und auch keine zeitliche Verlängerung der EU-Mitgliedschaft beantragt, sollte es am 31. Oktober 2019 zum Austritt aus der EU ohne Vereinbarung, also zum sog. harten BREXIT kommen.
Anders sähe es aus, wenn GB mit der EU eine Vereinbarung abschließt, anhand derer man das Land u. a. bis zum Ablauf einer Übergangsfrist in bestimmten, auch in steuerlichen, Bereichen weiterhin als EU-Mitgliedsstaat betrachten würde, wozu es bislang nicht kam.
Der Austritt Großbritanniens aus der EU wird die Bürger, die Körperschaften und auch die Verwaltungsbehörden in GB wie auch in der Europäischen Union beeinflussen. Veränderungen gibt es bezüglich neuer Kontrollen an den EU-Außengrenzen, bei der Gültigkeit von Lizenzen, Zertifikaten und Genehmigungen der GB sowie auch neuer Bedingungen bei der Datenübertragung.
Wie sollte sich eine slowakische Handelsgesellschaft auf den BREXIT vorbereiten?
- Zollbereich
Wenn GB die EU ohne Vereinbarung verlässt, werden die Zollbehörden sämtliche Regeln und Formalitäten im Zusammenhang mit dem Handel zwischen der EU und Drittstaaten auch bei solchen Waren anwenden, die von GB importiert oder exportiert werden. Es werden also Zollformalitäten geltend gemacht, Zolldeklarationen eingereicht, bei Ware, die aus GB in die EU eingeführt wird, werden Zollgebühren fällig usw. Aber Unternehmenssubjekte, die regelmäßig und häufig mit GB handeln, können zum Zwecke der Verkürzung des Zollverfahrens im Zusammenhang mit dem Import/Export/Transit von Ware beim Zollamt die Genehmigung zur Verwendung vereinfachter Abläufe im Zollverfahren beantragen.
Subjekte, die bislang ihre Geschäftstätigkeit ausschließlich im EU-Rahmen getätigt haben und mit GB handeln wollen, müssen die EORI-Nummer beantragen. In der Slowakischen Republik ist die Finanzverwaltung die Registrierbehörde für die EORI-Nummer.
Bei der Ausfuhr von Produkten in Drittländer, mit denen die EU ein Freihandelsabkommen abgeschlossen hat, können die Exporteure den Präferenzzollsatz verwenden, wenn die Produkte über einen ausreichenden „EU-Inhalt“ im Sinne der Ursprungsregelungen verfügen. Nach dem BREXIT können die Unternehmen nicht mehr damit rechnen, dass die Eingänge in Fertigprodukte aus GB als Inhalt aus der EU betrachtet werden.
- Mehrwertsteuerbereich
Im Falle des Austritts Großbritanniens aus der EU hört Großbritannien am Tag nach dem Tag des Austritts auf, EU-Mitglied zu sein, und wird zum Drittstaat. Zu den wichtigsten Veränderungen und Folgen für den Mehrwertsteuerbereich zählen wir unter anderem:
- Vorgehen beim Kauf und Verkauf von Ware aus Großbritannien
Ware, die das Mehrwertsteuergebiet der EU von GB aus betritt oder vom Mehrwertsteuergebiet der EU in das Vereinigte Königreich geschickt oder transportiert wird, wird als Warenimport oder Warenexport im Sinne der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem betrachtet. Dies bedeutet eine Berechnung von MwSt. bei der Einfuhr, während die Ausfuhr von der MwSt. befreit ist.
- Vorgehen bei der Geltendmachung der Beitreibung der Steuern aus Großbritannien durch einen Antragsteller aus der Slowakei
Die für die Mehrwertsteuer gemäß § 4 oder 4b des Mehrwertsteuergesetzes registrierten Steuerzahler werden den Antrag auf Beitreibung der Steuer bis zum Austritt von GB aus der EU elektronisch über das Informationssystem VAT REFUND einreichen. Anträge auf eine Rückerstattung der Steuer werden nach dem Austritt von GB aus der EU nur noch gemäß dem nationalen Recht des Vereinigten Königreichs abgewickelt.
- Vereinfachte Regelung einer einheitlichen Kontaktstelle oder „MOSS“
Steuerpflichtige (die in einem Drittstaat ansässig sind), die eine der Sonderregelungen von Titel XII Kapitel 6 der Mehrwertsteuerrichtlinie verwenden wollen (die sog. vereinfachte Regelung der einheitlichen Kontaktstelle oder „MOSS“) und Telekommunikationsdienstleistungen, Dienstleistungen der Fernseh- und Rundfunkausstrahlung oder elektronische Dienstleistungen für nichtsteuerpflichtige Personen in der EU anbieten, werden sich im Rahmen von MOSS in einem EU-Mitgliedsstaat registrieren müssen; sie werden nicht mehr in GB registriert sein können.
- Internationale Besteuerung und direkte Besteuerung
Was die internationale Besteuerung anbelangt, wird der BREXIT keinen Einfluss auf den gültigen Doppelbesteuerungsvertrag zwischen dem Vereinigten Königreich und der Slowakischen Republik haben, d. h. auf den rechtlichen Rahmen für die Bestimmung, welcher Staat das Recht hat, das relevante einkommen- und körperschaftsteuerpflichtige Einkommen zu besteuern, und in welchem Umfang es unverändert bleibt. Die Einkünfte von Steuerpflichtigen mit beschränkter Steuerschuld (in Großbritannien ansässig) aus Quellen auf dem Territorium der Slowakischen Republik unterliegen weiterhin den Bestimmungen von Abschnitt 16 (Einkommensteuerquelle des Steuerpflichtigen mit beschränkter Steuerschuld). Der Status eines solchen Steuerzahlers ändert sich jedoch.
Da ein britischer Steuerpflichtiger nach dem BREXIT nicht mehr als Steuerpflichtiger eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder Steuerpflichtiger eines Vertragsstaats des EWR-Abkommens gilt, wird dieser Steuerpflichtige nach dem Einkommensteuergesetz als Steuerpflichtiger eines sogenannten „Drittstaats“ besteuert. Auf der Website der Finanzverwaltung der Slowakischen Republik finden Sie eine Übersicht über Änderungen des Status für britische Steuerpflichtige. Zu den wichtigsten Auswirkungen aus der Sicht der Direktsteuern zählen wir:
- Befreiung von Zinsen und Lizenzgebühren
Eine der wichtigsten Änderungen, die sich aus dem Austritt Großbritanniens aus der EU ergeben hat, ist die Unmöglichkeit, die Befreiung von Zins- und Lizenzgebühren (§ 13 Abs. 2 Buchst. f und h des Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzes) gemäß der Mutter-Tochter-Richtlinie der EU anzuwenden.
- Sicherung der Steuer
Ab dem Austritt von GB aus der EU kommt auf solche Steuerzahler das Institut der Sicherung der Steuer zur Anwendung. Die Pflicht zur Sicherung der Steuer gemäß § 44 Abs. 2 des Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzes bezieht sich auf steuerpflichtige Einkünfte von Steuerpflichtigen mit beschränkter Steuerschuld aus Quellen auf dem Territorium der Slowakischen Republik, wenn das Recht zur Besteuerung dieser Einkünfte bei Einwohnern von Vertragsstaaten der Slowakischen Republik zuzurechnen ist. Um die Steuer auf steuerpflichtige Einkommen zu sichern, mit Ausnahme von Einkommen, bei denen die Steuer einbehalten wird, sind die Einkommenszahler verpflichtet, im Falle von GB verpflichtet, einen Betrag in Höhe von 19 % der Geldleistung abzuziehen.
Beispiel 1 – Sicherung der Steuer auf ein steuerpflichtiges Einkommen eines Steuerzahlers aus GB nach dem Austritt aus der EU
Eine slowakische GmbH zahlt 2019 Miete für Gewerberäume an den Eigentümer einer Liegenschaft, bei der es sich um ein Unternehmen mit Sitz in GB handelt. Ist die slowakische GmbH verpflichtet, im Sinne von § 44 des Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzes 19 % für die Sicherung der Steuer einzubehalten?
Antwort
Einkünfte aus der Vermietung einer auf dem Territorium der Slowakischen Republik gelegenen Immobilie sind steuerpflichtige Einkünfte eines Steuerpflichtigen mit beschränkter Steuerschuld (in Großbritannien ansässig) aus Quellen auf dem Territorium der Slowakischen Republik gemäß § 16 Abs. 1 Buchstabe f) des Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzes sowie des Artikels 6 des Vertrags zwischen der Slowakischen Republik und dem Vereinigten Königreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.
Der im Vereinigten Königreich ansässige Steuerpflichtige ist verpflichtet, dieses Einkommen nach Ablauf der Steuerperiode über eine eingereichte Steuererklärung zu abzurechnen, wobei der Steuerzahler (in der Slowakei ansässig) verpflichtet ist, die Steuer aus diesem Einkommen in Übereinstimmung mit der Bestimmung von § 44 Abs. 2 bis 6 des Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzes zu sichern.