Im Oktober 2015 veröffentlichte die OECD den finalen Wortlaut der Entwürfe der einzelnen Punkte des Aktionsplans im Kampf gegen die Erosion der Besteuerungsgrundlagen (nachfolgend nur „BEPS“). Anschließend nahm die OECD nach einer Serie von Beratungen im Rahmen der Aktionspunkte 8 bis 10 mehrere Änderungen und Ergänzungen der Richtlinie über Verrechnungspreisbildung für multinationale Gesellschaften und Steuerverwaltung an (nachfolgend nur „Richtlinie“), die bereits ab ihrer Veröffentlichung auf der Seite der OECD Gültigkeit erlangten, und daher auch heute gelten.
Die angenommenen Änderungen und Ergänzungen betreffen zwei Bereiche, und zwar die Anwendung des Prinzips der unabhängigen Beziehung und immateriellen Vermögens. Der revidierte Wortlaut des Kapitels VI der Richtlinie widmet sich den immateriellen Vermögenswerten und ändert deren Definition, es ist auf die Unterscheidung des tatsächlichen und des rechtlichen Eigentümers ausgerichtet und legt außerdem zusätzliche Faktoren fest, die im Fall einer Analyse der Vergleichbarkeit immaterieller Aktiva verglichen werden sollen. Die Richtlinie enthält auch 33 illustrierende Beispiele, die dem besseren Verständnis der betreffenden Problematik dienen sollen.
Einsparungen beim Umfang auf der Ebene einer Gruppe
Im Rahmen der Ergänzung bezüglich der Anwendung einer unabhängigen Beziehung ist ein selbstständiger Teil dem Synergieeffekt auf der Ebene einer Gruppe gewidmet. Die Richtlinie betont, dass es bei einer Analyse wichtig ist zu beurteilen, ob der betreffende Synergieeffekt Ergebnis einer gezielten Tätigkeit der Gruppe ist oder Ergebnis einer passiven Beteiligung der betreffenden Betriebe in der Gruppe. Wenn der Synergieeffekt Ergebnis einer gezielten Tätigkeit eines Mitglieds der Gruppe ist, dann muss bestimmt werden, um welchen Vorteil es sich handelt, welche Vergünstigung sich für das Mitglied der Gruppe ergibt und anschließend muss festgelegt werden, auf welche Weise diese unter den einzelnen Mitgliedern der Gruppe aufgeteilt werden soll.
Beispiel: Ein klassisches Beispiel eines Synergieeffekts sind Einsparungen beim Umfang bei zentralisierten Einkäufen. Wenn im Rahmen einer Gruppe solche Einkäufe realisiert werden, und eines der Mitglieder, z. B. ein Regionalmanager, einen Mengenbonus bei unabhängigen Lieferanten aushandelt, und anschließend die einzelnen Filialen die Ware von unabhängigen Lieferanten zu einem vergünstigten Preis bestellen, kann festgestellt werden, dass obwohl die Ware nicht über einen Betrieb läuft, die Gruppe einer gezielten Tätigkeit nachgeht, und dass ein positiver Synergieeffekt für die Gruppe entsteht, der berücksichtigt werden sollte. Anschließend sollte der entstandene Synergieeffekt auf die einzelnen Mitglieder nach dem Volumen der realisierten Einkäufe aufgeteilt werden.
Wenn allerdings ein Lieferant einem Mitglied der Gruppe günstigere Bedingungen mit der Absicht gewährt, andere Mitglieder der Gruppe anzuziehen, entsteht kein Synergieeffekt, oder keine gezielte Tätigkeit aus Sicht der Gruppe.
Immaterielle Vermögenswerte
Im Sinne des revidierten Kapitels VI der Richtlinie sind immaterielle Vermögenswerte als Aktivum definiert, das nicht physisch ist und auch kein Finanzaktivum, dessen Eigentümer oder die Person, die es kontrolliert, in der Lage ist, es in ihren Geschäftsbeziehungen zu nutzen, und dessen Nutzung, resp. Verschiebung mit Kompensation verbunden wäre, wenn diese Transaktion zwischen zwei unabhängigen Personen stattfinden würde. Es muss betont werden, dass sich aus Sicht der Verrechnungspreisbildung die Klassifizierung von der Buchungsklassifizierung unterscheiden kann. Das bedeutet, dass z. B. im Fall der Entwicklung die Ausgaben in Verbindung mit dieser Entwicklungstätigkeit in die Kosten der Gesellschaft verbucht werden, wobei sie in der Bilanz nicht als immaterielle Vermögenswerte berücksichtigt werden. Trotzdem können diese Aktiva einen ökonomischen Wert für den Betrieb bilden und deshalb sollten sie aus Sicht der Verrechnungspreisbildung als immaterielle Vermögenswerte berücksichtigt werden.
Bei der Analyse muss immer der tatsächliche vom rechtlichen Eigentümer unterschieden werden, der auf Grundlage eines Vertrags oder der Registrierung eines bestimmten Rechts bestimmt wird. Es muss sichergestellt werden, dass der rechtliche Eigentümer, der den gesamten Gewinn aus den immateriellen Vermögenswerten abschöpft, auch alle Risiken trägt und alle Funktionen ausübt, die zum Erhalt, zur Verbesserung und zum Schutz beitragen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die betreffenden Tätigkeiten nicht outgesourct werden können, ob nun durch eine unabhängige oder abhängige Person.
Die Richtlinie definiert unter anderem auch zusätzliche Faktoren, die im Fall immaterieller Aktiva verglichen und in die Analyse der Vergleichbarkeit einbezogen werden sollten. Dazu gehörenExklusivität, Umfang und Dauer eines rechtlichen Schutzes, geografischer Bereich, Nutzungsdauer, Entwicklungsgrad, Recht auf Verbesserung eines Produkts und Erwartung künftiger Nutzen aus den betreffenden immateriellen Vermögenswerten.